Geräte-Test Phono-Vorverstärker "Diamond No.36 Studio"

Die Fachzeitschrift "HÖRERLEBNIS" schreibt:

 
   

"Phono tut gut...!"

von Alexander Aschenbrunner

... so sprach er und legte eine Scheibe auf. So schlicht könnte ich das Gefühl beschreiben, wenn nach getaner Arbeit die Lust auf Entspannung und Muße bei mir (noch) vorhanden ist. Oftmals sind es die kleinen Freuden, die einem das Leben erst so recht angenehm machen. Diese dann auch entsprechend wahrzunehmen, ist eine Sache der Überwindung des ‚inneren Schweinehundes’, sprich: der uns allen mehr oder weniger innewohnenden Bequemlichkeit. Mal so nebenbei: Unter dem bekannten und mittlerweile abgedroschenen Begriff: "Lifestyle" wird heutzutage ja gerne auch das wunderschöne Hobby des Musikhörens einsortiert. Nur gut, daß wir früher, auch ohne solche Begriffe gekannt zu haben, schon wußten, was Spaß macht...

Spaß - da wäre ich auch schon bei Walter Bret, dem Inhaber und Entwickler von WBE. Nicht nur, daß er stets für ein "Späßle" gut ist - auch seine Geräte verbreiten gute Laune, nämlich beim Musikhören. Bret ist in der Szene nicht umsonst seit Jahren dafür bekannt, daß er das, was er macht, auch richtig macht. Seinen ohnehin schon sehr guten Phonoverstärker Diamond No. 36 nochmals zu verbessern, lag ihm schon lange am Herzen. Herausgekommen ist eine Version gleichen Namens mit dem Zusatz" Studio". Das Gehäuse wurde unverändert übernommen. Es findet sich ohnehin auch an anderer Stelle im Programm von WBE immer wieder. Kann, soll und muß es auch. Es wäre ja unsinnig (und damit zutiefst unschwäbisch!), etwas derart ausgeklügeltes jedesmal neu zu entwerfen. Soviel Akribie, wie sie anschaulich bereits im Gehäuse zum Ausdruck kommt, ist charakteristisch für die Produkte von WBE als Ganzes. Zum No. 36 Studio: Ein doppelter Boden wirkt resonanzhemmend, alle Masseleiterbahnen laufen sternförmig auf den zentralen, in der Mitte der Platine befindlichen Massepunkt zu. Grundsätzlich sind alle niederohmige Verbindungen mit Silberdraht frei verdrahtet. Strengst selektierte Bauteile (u.a. massive, mit der Rückwand verschraubte, vergoldete Cinchbuchsen) müssen nahezu zwangsläufig in einem höchst genußvoll anzuhörenden Endergebnis münden. So ist der Urtyp des Diamond No. 36 Phonovorverstärkers schon lange ein anerkannt gutes Gerät. Der Studio stellt im Grunde die logische Konsequenz der Tatsache dar, daß man alles mit erhöhtem Aufwand noch besser machen kann. Nunmehr gibt es also zwei kleine Phonovorverstärker aus demselben Hause. Von außen sind beide (außer am Typenschild auf der Bodenseite) nicht zu unterschieden. Das, unter dem mittlerweile kunterbunten HiFi-Gehäusefarbenchaos, wohltuend zurückhaltend wirkende Gehäuse im schlichten, eleganten Schwarz, mit entsprechend gefärbter, handpolierter Acrylplatte, ist klassisch-zeitlos und wirkt deshalb nie unmodern. Zudem soll die Familienzugehörigkeit zur WBE-Familie sofort erkennbar sein. Die seit einiger Zeit verwendeten verchromten Schrauben, sowie die dazu passenden (schwingungsdämpfenden) Gerätefüße sind ein weiteres Indiz dafür, daß im Hause WBE viel Liebe zum Detail vorhanden ist. Das sieht man den Geräten auch im Inneren an. Gemeinhin zähle ich nicht zu den "erst einmal alles aufschrauben und dann neugierig reinschauen"-Typen. Bei den Geräten von Walter Bret entsteht in mir allerdings ein geradezu unwahrscheinliches Verlangen danach, einen Blick ins Innere zu werfen. Auch hierbei wird deutlich, daß der brave Schwabe Bret ein Freund von Akkuratesse und Ehrlichkeit ist. Angesichts der verwendeten Bauteile und Gehäuse fragte ich ihn einmal, "wie er dabei noch solche Preise machen kann". Die Antwort war ebenso knapp wie klar: "Preislich auf dem Boden bleiben ist wichtig, denn die Leute bezahlen Geld für ausgesuchte Qualität wesentlich lieber als für modischen Schickschnack". Dem kann ich nichts mehr hinzufügen. Ehrlichkeit, Beharrlichkeit, verbunden mit viel Entwicklergeist, das sind die Begriffe, die ihn seit langem erfolgreich auf dem stark umkämpften Hi-Fi-Markt existieren lassen. Daß Walter Bret daneben erfolgreich mit seiner Band live spielt und seine Finger, wenn sie weder mit dem Musikmachen noch dem Bau von HiFi-Equipment beschäftigt sind, immer wieder an irgendwelchen Meßgeräten drehen, ist in der Summe als sinnig zusammenpassend zu betrachten. Wenn Walter Bret ein Gerät konzipiert, so ist im Hinterkopf immer der Gedanke des "Live-Charakters" vorhanden. Es ist kein Geheimnis, wenn ich verrate, daß dies ein Grund dafür ist, daß die Produkte aus dem Hause WBE hochmusikalisch und absolut robust im Gebrauch sind.

Nun aber zurück zum Objekt. Über WBE werden Sie von mir noch mehr lesen - keine Drohung (oder doch...?), sondern definitiv ein Versprechen, denn - die Sucht ist ausgebrochen ...

Das Prinzip der passiven RIAA-Entzerrung wird schon lange - als einer der ersten Hersteller entschied man sich für diese Variante - von WBE verwendet. Der außergewöhnliche Vorteil dieses Schaltungsdesigns ist, daß sich lediglich ein einziger Widerstand im Signalweg befindet. Eine Grundeinstellung von 100 Ohm (intern umschaltbar auf 470 Ohm) ist Gegenstand der Lieferung, andere Werte sind nach Wunsch (ohne Aufpreis) ab Werk möglich. Wenn selbst etwas verändert werden soll, so ist dies kein Problem. Das geräteinterne "Mäuseklavier" (im Falle WBE sind dies hochwertige Kodierschalter) ist durch das Entfernen der äußeren vier Bodenschrauben sowie den nach hinten abzuziehenden Mantel schnell erreicht. Aus dem beiliegenden Meßschrieb sind alle nötigen Kenndaten zu entnehmen. Beim No.36 Studio ist eine RIAA-Genauigkeit von +/- 0,15 dB vorhanden. Dies ist, in dieser Bauweise, rein technisch gesehen, wohl das derzeit Machbare. Diesem sehr präzisen Wert ist es u.a. zu verdanken, daß der Studio so gnadenlos gut klingt. Oh - das wollte ich doch erst später verraten...

Grundsätzlich wird der Studio mit einem üppig dimensionierten Steckernetzteil ausgeliefert. Dieses allein ist schon recht gut (sonst würde es Walter Bret gar nicht erst ausliefern) - die Steigerung ist allerdings das hauseigene Kraftnetzteil, sinnigerweise auf den Namen Power No.48 lautend. Es ist längst kein Geheimnis mehr, daß gerade in einem externen und ausgezeichneten Netzteil ein großes Klangverbesserungspotential verborgen ist. Bekanntlich ergibt sich fast immer ein deutlicher Klangvorteil, wenn die Stromversorgung extern untergebracht ist. Dadurch wird jegliche Beeinflussung durch Streustrahlung innerhalb der Geräte verhindert. Der Power No. 48 ist daher auch keine Ausnahme von dieser Regel, sondern die Bestätigung. Mit seiner optimalen Spannungsversorgung durch das 50VA-Kraftnetzteil sorgt er von Hause aus für stabile Verhältnisse. Meiner Meinung nach ist er sogar ein "Muß" für den Studio. Aber - es braucht ja nicht alles auf einmal zu sein. Die Produkte aus dem Hause WBE sind darauf ausgelegt, sich ohne größere Aktionen erweitern, oder, besser gesagt, ergänzen zu lassen. Das Power-Netzteil befindet sich in einem gleich aussehenden Gehäuse wie der Phonovorverstärker, aber auch wie der Hochpegelvorverstärker PURIST No. 48. Dies ist Absicht. Obwohl sich die WBEs mit allen mir bekannten HiFi-Geräten gut vertragen, macht es rein optisch schon Sinn, die drei Schmuckkästchen nebeneinander auf einer Ebene zu positionieren. Dies nimmt dann nicht mehr Platz weg, als ein "Normmaßgerät" aus der großen Masse der HiFi-Geräte. Bei mir ist die Aufstellung nun wie folgt: links der Phonovorverstärker Studio No. 36, in der Mitte das Powernetzteil No. 48 und rechts daneben der Hochpegelvorverstärker Purist No. 48. Diese Gerätekonstellation beinhaltet aber auch noch einen kaufmännischen Trick. Beim Kauf des Hochpegelvorverstärkers Purist No. 48 ist das Powernetzteil schon enthalten. Für einen geringen Aufpreis (im wesentlichen Material), ist für dieses ein galvanisch streng getrennter zweiter Stromkreis erhältlich, der somit den Anschluß von zwei Geräten an einem Netzteil ermöglicht. Nebenbei hat dies den Vorteil, daß bei der Stromversorgung der drei Geräte nur ein Steckplatz an der Steckdosenleiste benötigt wird. Ich sag’ ja - die Schwaben sparen, wo es geht. Spaß beiseite, die Idee ist schlicht erstklassig. Diese Kombination sieht nicht nur richtig gut aus - sie ist es auch. Allein aus den bereits genannten Gründen halte ich diese Geräteanordnung für eine audiophile Punktlandung. Der Purist No. 48 ist übrigens mittlerweile verbessert worden. Davon lesen Sie an gleicher Stelle bald mehr - voraussichtlich im nächsten Heft. Doch nun wieder zum Phonoteil: Nach einer gewissen Einspielzeit (der Hersteller gibt diese mit ca. 100 Stunden an) folgte ein "Phonofest".

Plattenmusik ... ist für mich ein Muß. Lange genug höre ich schon Vinyl, und oftmals erwische ich mich dann dabei, daß ich die eine oder andere Scheibe immer wieder höre. Dazu gehört zweifelsohne die Musik von Andreas Vollenweider. Sehr melodische, oftmals klassisch angehauchte, trotzdem "leichte Kost" mit vielen unterschiedlichen Klangspektren erscheint mir für die Bewertung einer Phonostufe sehr geeignet. Gerade auch die bei dieser Art von Musik vorhandenen Synthesizerklänge sind sehr schwierige Passagen für Übertrager des "kleinen Stromes". Natürlich erst recht Stimmen - keine Frage. Nachdem bei dem obengenannten Interpreten all dies auf einer LP zu finden ist, bedeutet es auch kein ständiges Wechseln der Platten, so daß ich mich eine Seite lang ganz dem Hören widmen kann. Als Bestätigung für meine gefaßte Meinung kommen sicherlich noch andere Künstler an die Reihe, aber eine Grundtendenz ist schon vorhanden. Darauf folgt die "Reifeprüfung".

In diesem Fall von Kari Bremnes ("a lover in Berlin") schnarrende Kontrabaßsaiten, Klaviersaiten - nein viel zu profan, hier ist das ein Flügel, der wunderbar und schön frei atmen kann, garniert mit einem dezent geschlagenen oder mit Besen gestrichenen Schlagzeug, Percussion, Akustikgitarre und Frauenstimme... all diese Klänge fließen zusammen in ein Klangbild, das mir selbst beim Schreiben dieser Zeilen noch zu einer Gänsehaut verhilft - so nachhaltig ist das Hörerlebnis mit dem "Studio". Daß ich die ganze Doppel-LP am Stück genossen habe, muß ich lediglich zur Vollständigkeit anmerken. Ob es nun Toto, jegliche Art von Jazz, Rock oder Klassik (hier viel Wagner, da es sich bekanntlich dabei um sehr komplexe Musik handelt) war: völlig egal, denn alles, was ich diesem Phonovorverstärker vorgesetzt habe, hat er so weitergereicht, als ob es ihn überhaupt nicht im Signalweg geben würde. Das ist Neutralität pur. Beeindruckend.

Fazit:

Modellpflege ist nicht nur in der Autoindustrie ein probates Mittel, um Bewährtes am Markt zu positionieren. Der Weg, den Walter Bret beschreitet, ist ehrlich und daher für jeden nachvollziehbar. Ich habe den Studio lange hören dürfen und bin letztendlich akustisch mit ihm regelrecht verwachsen, so sehr trifft er meinen Hör-Nerv. Bei all den gehörten Platten war durchgängig ein straffer, tief in den Frequenzkeller gehender und dabei sehr stabil bleibender Baß zu vernehmen. Die räumliche Musikreproduktion - ohne Fehl und Tadel. Der Studio ist ein Feingeist par excellence. Ich bin schwer beeindruckt, wie der Studio die Signale aus der Rille schonungslos und dabei völlig selbstverständlich weiterleitet. Dynamisch, immer exakt im Geschehen, mit eindeutigem Live-Charakter. Glasklare Höhen, ohne Strähnen - die Mitten immer richtig dargeboten, alles ohne Fehl und Tadel. Bisher habe ich in dieser Preisklasse noch nie soviel Wiedergabequalität erlebt. Unscheinbar - ja, fast zurückhaltend - sein optisches Auftreten. Doch wehe, wenn er losgelassen wird. Der Preis? Ich halte diesen MC/MM-RIAA-Phonovorverstärker in seiner Preisklasse für absolut preiswert. Mehr noch - er ist "gefährlich gut". Und seine teilweise wesentlich teureren Konkurrenten? Nun, die werden es jetzt erst recht schwerhaben, ihre Preisschilder zu rechtfertigen. Noch Fragen?  AA

PS: Tip: Siehe auch (wenn möglich) die erstklassige Internetseite des Herstellers.   

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