Geräte-Test Lautsprecher "Sand Witch No.24"

Die Fachzeitschrift "HÖRERLEBNIS" schreibt:

 
   

Tonmöbel oder Unikate?

von Alexander Aschenbrunner


Keine Angst, jetzt folgt keine Beschreibung einer Musiktruhe von Staßfurt-Imperial aus den seligen fünfziger Jahren. Eine gewisse Verwandtschaft zu derartigem Mobiliar läßt sich in Punkto Bauausführung bei dem Zweiwege-Lautsprecher WBE Sand Witch No.24 allerdings durchaus erkennen. Die Lautsprecher aus dem Hause WBE sind bekannt als hochwertigst verarbeitet und überschwenglich ausgestattet in Materialauswahl sowie -verwendung. Beim Spitzenmodell ist das Gehäuse zusätzlich durch den Einsatz von Quarzsand beruhigt. Ein doppelwandiges Gehäuse mit sandbefülltem, querverstrebtem Zwischenraum sorgt dafür, daß die sonst den Klang beeinträchtigenden Gehäuseresonanzen erheblich verringert werden. Kein Wunder, wenn im Endergebnis das Gewicht pro Stück beachtliche 70 Kilogramm beträgt. Typisches Erkennungsmerkmal aller Lautsprecher von WBE sind die außergewöhnlich schönen und seltenen Holzfurniere. Über deren Verarbeitung ist in früheren Rezensionen bereits schon alles gesagt worden. In diesem Fall stand mir die Ausführung in Silberpappel-Wurzel mit Intarsien - an den Schallwand-Fasen mit Amazakoue-Holz versehen - zur Verfügung. Zwei wirklich traumhaft verarbeitete Stücke - eher Tonmöbel mit Massivholzkanten und umlaufenden Intarsien. Viele andere Hölzer für Gehäuse und Intarsien können je nach Kundenwunsch geliefert werden. Dem Konstruktionsplan des Lautsprechers kann man entnehmen, daß bis zu seiner Fertigstellung sehr viele einzelne kleine Produktionsschritte vorgenommen werden müssen, die sehr zeitintensiv sind. Ein großes Problem bei der Produktion ist die Verwendung von hundertprozentig trockenem Quarzsand. Da dieser leider eine hygroskopische (= wasseranziehende) Grundeigenschaft besitzt, muß hier, bereits während der Produktion, eine ständige äußerst penible Kontrolle erfolgen. Bei den zum Einsatz kommenden Treibern setzt der Hersteller auf bewährte Seas-Chassis. So verfügt der 18cm-Mitteltieftöner (mit Phaseplug) über eine extrem verwindungssteife Magnesium-Membran. Um den Hochtonbereich standesgemäß zu präsentieren, wird eine 25mm Spezial-Hochton-Gewebekalotte mit sechs hexagonal angeordneten Neodymmagneten verwendet. Dieser Hochtöner benötigt allerdings eine lange Einlaufphase, doch dazu später mehr. Die im Boden des Lautsprechers befindliche schwingungs- und druckentkoppelte Frequenzweichenkammer schützt durch diese Konstruktion die Bauteile der Frequenzweiche vor klangschädlichen Resonanzen.

Die Weiche wird ausschließlich aus hochpräzisen Zinnfolien- und Supreme-MKP-Kondensatoren (stammen aus dem Hause Mundorf), engtolerierten Metalloxidwiderständen und hochbelastbaren, verzerrungsarmen Luftspulen (Sonderanfertigung) gefertigt. Allein die äußerst massiven Anschlußklemmen mit 2 vergoldeten 100-Ampère-Schraubklemmen geben schon optisch einen deutlichen Hinweis auf den nachgerade horrenden Materialeinsatz. WBE legt sehr großen Wert auf einen linearen Frequenzgang sowie Phasenverlauf. Ein optimiertes Gruppenlaufzeitverhalten sorgt dafür, daß die Musik auch soweit wie möglich zeitrichtig beim Hörer ankommt.

Kommen wir zum Wesentlichen: Wie "klingt" dieser Lautsprecher? Um es gleich vorwegzunehmen: erstklassig. In dieser Preisklasse darf sich die Frage nicht mehr stellen, ob klangliche Irritationen oder sonstige Abweichungen vom eingespeisten Original auftreten. Und diese Frage stellt sich im Falle der WBE Sand Witch No.24 auch nicht. Nein, nicht einmal ansatzweise.

Von eminenter Wichtigkeit ist allerdings die "richtige" Aufstellung beziehungsweise Ausrichtung. Zwei grundsätzliche Punkte seien hier nochmals in Erinnerung gebracht: Der Abstand zwischen den beiden Lautsprechern bestimmt die virtuelle Bühnenbreite, die Einwinkelung der Boxen nimmt Einfluß auf die Fokussierung und/oder die Abbildungsgröße von Vokalisten und Instrumenten. Um dies einmal in Zahlen zu bringen, will ich dies an meinem Beispiel erläutern. Aufgrund der vorhandenen Hörraumbreite von 4 Metern habe ich die beiden Lautsprecher ca. 3 Meter auseinandergestellt. Dadurch stehen sie relativ nahe (ca. 30cm) an den Seitenwänden, was sich als akustisch völlig unproblematisch erweist. Den Winkel stellt man je nach Gusto ein. Gewissermaßen "locker" am Ohr vorbei, der imaginäre Schnittpunkt trifft sich ungefähr anderthalb Meter hinter meiner Hörposition - im Zusammenwirken (!) mit der Raumakustik also genau die Einwinkelung, welche mir in den klanglichen Auswirkungen hier am besten gefällt. Der Abstand der Lautsprecherrückseite zur Wand sollte mindestens 100cm betragen. Es darf durchaus auch etwas mehr sein...

Die Dreipunktauflage des Sockels bewirkt, daß der Lautsprecher auf Teppichböden bereits schon ausreichend entkoppelt aufgestellt ist. Derartig positioniert, präsentiert das WBE-Tonmöbel-Topmodell sein wahres Klangpotential.

Noch ein paar Worte zur Einspielzeit. Frisch ausgepackt, hingestellt und angeschlossen spielt der WBE Sand Witch No.24 schon erstaunlich gut. Dennoch, dieser Lautsprecher entfaltet seine klanglichen Meriten gleich einer reifenden Rose, um schließlich in voller Blüte zu stehen. Im Gegensatz zur Rose "verblüht" die Sand Witch No.24 aber nicht. Und der Duft des frischen Möbellackes ist bald verflogen - zurück bleibt dann der pure Klang ... genug der Allegorien.

Tonale Realität...

Die 1984 erschienene Langspielplatte von Sade, "diamond life", mit dem gleichlautend betitelten ersten Stück auf der A-Seite, schätze ich als harten Tonträger-Prüfstein für HiFi-Anlagen ungemein. Die musikalische Präsentation aus Gesang, unterschiedlichen Percussionsinstrumenten, sattem, straffen Baß und phantasievoll gespieltem Schlagzeug habe ich gut im Ohr. Die Aufstellung der Musiker ist aufnahmeseitig klar abgegrenzt und muß deshalb im Klangbild auf der imaginären Hörbühne erscheinen. Keine Frage, das paßt. Genußvoll höre ich die ganze Scheibe. Ulla Meinecke mit "die Tänzerin", ein Titel aus der 1983 produzierten Langspielplatte, ist ebenfalls so eine musikalische "harte Nuß", die es seitens der musikreproduzierenden Gerätschaften zu knacken gilt. Hier kann der Lautsprecher WBE Sand Witch No.24 zeigen, daß die Benennung "Witch" berechtigt ist. Nein - er beginnt nicht verbalisiert übersetzt "zu hexen", man erliegt vielmehr seiner Magie: Die Musik wird schnell, dabei luftig und fundiert wiedergegeben - dreht man indes die gedankliche Pirouette zu Ende, erscheint die Wiedergabe doch in gewisser Weise als "Hexenwerk" im positiven Sinne. Sehr gut, keine Frage. Eine 1982 im "Digital Mastering" aufgenommene Dire-Straits-LP beinhaltet eine Vielzahl von unterschiedlichen Tönen, die von manchen HiFi-Geräten gar nicht erst übermittelt werden. Dieser Lautsprecher zeigt sie mir deutlich auf. Gerade bei den Gitarrensoli der "Knopfler-Truppe" ist die Schnelligkeit in der Musikübertragung von unabdingbarer Wichtigkeit - hier ist alles da. Das bereitet soviel Spaß, daß ich unweigerlich den Lautstärkepegel erhöhe. Was wiederum sofort zu den nächsten Interpreten paßt. Eric Clapton und B.B. King "riding with the king". Ja, da bekommt der Hochtöner was zu tun. Flirrende Gitarrensaiten fordern diesem Teil des Lautsprechers sein Können im hohen Maße ab. Da dürfte der zweite Titel ("ten long years") auf dieser CD fast zum Pflichtprogramm werden. B.B. Kings Gibson-Gitarre und Erics Fender-Stratocaster spielen teilweise konträr (Titel Nr. 7 "i wanna be"), treffen sich dann aber doch im Gleichklang wieder. Hier entsteht ein echtes Hörfest... Zum Schluß erscheint Miles Davis mit der LP "you're under arrest" auf der (Hör-) Bühne und entführt mich in der Welt des Jazz.

Fazit:

Der WBE Sand Witch No.24 ist ein sehr klangneutraler, authentisch darbietend und feinzeichnender Zweiwege-Standlautsprecher mit begeisternd präzisen und tief in den Hertzkeller hinabreichenden Bässen. Verbunden mit glaubhaft vorhandenen, durchsichtigen Mitten und detailreichen, hochauflösenden Höhen wird hier eine realistische Raumabbildung in Breite und Tiefe dargestellt. Bei der Aufstellung sollte grundsätzlich besondere Sorgfalt beachtet werden, denn hier gilt es wie für alle Boxen: "richtig hingestellt" hört man. Walter Bret ist ein Qualitätsfanatiker. Er läßt auschließlich in Deutschland kunsthandwerken (über 120 verschiedene Holzvarianten stehen dem geneigten Musikliebhaber zur Auswahl) - so verwundert es nicht, wenn im Ergebnis jede WBE Sand Witch No.24 ein Unikat darstellt. AA 

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