Geräte-Test Mono-Endverstärker "Essence No.600"
(Vorgänger des jetzigen Modelles Essence No.880)

Die Fachzeitschrift "HÖRERLEBNIS" schreibt:

 
   

Veränderungen

von Rolf Linden-Brüning

WBE ... den Lesern dieser Zeitschrift inzwischen ein Begriff: Walter-Bret-Elektronik aus (ehemals)* Schwieberdingen bei Stuttgart.
W. B. baut seit einigen Jahren in Eigenregie hochwertige Elektronik: Phonovorstufen, Verstärker unterschiedlicher Leistungs - und Preisklassen; mittlerweile auch einen Digital-Analogwandler und eine Röhren-MOS FET-Endstufe schwereren Kalibers (demnächst im Hörerlebnis) sowie diverses Zubehör, z. B. Netzfilter.

Mich begleiten WBE-Geräte seit längerem, durchweg zu meiner Zufriedenheit. Musikalität und Zuverlässigkeit geben zu keinerlei Beanstandungen Anlaß. Die Essence No.600 waren auch in vergangener Zeit tragende Säulen meiner Anlage. Sie halfen mit, jede Menge Hörspaß zu vermitteln. Umsomehr war ich gespannt, als W.B. eine Modifikation ankündigte, die einen deutlichen Zugewinn an Musikalität, Transparenz und Plastizität bringen sollte. Also besuchte er mich, wie üblich zu solchen Anlässen, lötete und schraubte. Letzteres ein schweißtreibender Arbeitsgang, weil eine Unmenge dieser kleinen Quälgeister das massive Gehäuse zusammenhalten. Vielleicht sollte ich noch vermerken, daß W.B. seine Geräte in der Regel persönlich ausliefert - zumindest was die Verstärkerelektronik angeht - und sich überhaupt um seine Kunden in vielleicht nicht ganz branchenüblicher Art und Weise kümmert. Nun, was ist eigentlich passiert? Genau verraten wollte er es nicht. Immerhin soviel ließ er sich entlocken, daß es sich um eine Änderung der Kondensatoren im Eingangsbereich handelt.

Klanglich war die Veränderung derartig gravierend, daß ich, wie so oft in ähnlichen Situationen, zunächst etwas verdutzt dagesessen haben muß. Walter Bret registrierte es schmunzelnd. Nun bin ich jemand, der sich zwar spontan begeistern läßt, aufgrund leidiger Erfahrungen aber gelernt hat, erste Eindrücke zu überschlafen und, wenn es angebracht ist, zu korrigieren. Der erste Kommentar hätte so ausgesehen: Noch lebendiger, deutlich differenzierteres Klangbild, bessere, fast röhrengleiche Feinauflösung, mehr Räumlichkeit. Die einzelnen Instrumente sind besser zu orten und klarer auf ihrer Position fixiert. Das betrifft im besonderen Gesangsinterpreten.

Der zweite Kommentar:

Okay, alles sehr eindrucksvoll. Ich kann die Eindrücke vom Vortag voll unterstreichen, wenn da eine für mich nicht unerhebliche Kleinigkeit wäre: Wo ist die Wärme geblieben, die Emotionalität im Ausdruck? Es fehlte auch etwas Substanz und wenn angebracht, Fülle. Also, an’s Telefon. W.B., inzwischen wieder in Schwieberdingen, konterte: "...einspielen, mehrere Tage laufen lassen." Bleibt als Folge dann das Resümee: Nach relativ kurzer Zeit entfaltete sich auf vielleicht garnicht so wundersame Weise ein Klangbild, das meinen Ansprüchen voll gerecht wurde. Alles, was die Essence No.600 auszeichnete, war vorhanden, ergänzt durch, wie eingangs beschrieben, deutlich mehr Plastizität, Räumlichkeit und Feinauflösung.

Kritik? Doch auch. Die betrifft aber ausschließlich das äußere Erscheinungsbild. Die Kühlrippen sind relativ scharfkantig und bergen damit möglicherweise eine Verletzungsgefahr. Das Anschlußkabel ist fest montiert und somit im Zeitalter der Klangveränderungsmöglichkeiten durch Kabel nicht der Stein der Weisen. W.B. teilt dazu folgendes mit: Alle vom jetzigen Zeitpunkt an ausgelieferten Monos werden mit gerundeten Kühlrippen ausgeliefert. Zum Thema Netzkabel äußert sich W.B. wie bisher auch. Aus klanglichen Gründen beläßt er es bei der Festmontage des Netzkabels. Auf Kundenwunsch installiert er aber auch ein anderes Kabel. So - die bisherige Beschreibung, das ist mir klar, nützt eigentlich nur dem, der
Axel Sarnitz’ Besprechung gelesen hat. Den anderen Lesern möchte ich doch noch einmal einen Gesamteindruck vermitteln.

Ich betreibe die Monos am kleineren der beiden hauseigenen Vorverstärker, Purist No.48, ebenfalls besprochen von AS , verbunden mit Electrocompaniet NF-Kabeln. Den Phonobereich versorgt zuverlässig die Phonovorstufe Diamond 36 HE mit zusätzlichem Kraftnetzteil. Letzteres ist grundsätzlich auch der Fall, wenn ich über andere Verstärkerkombinationen berichte.

Die Endstufen leisten je 3oo Watt Sinus an 4 Ohm, 190 an 8 Ohm. Sie musizieren vor folgendem technischen Hintergrund.: Class-A-Eingangsschaltkreis aus der Studiotechnik (Burr Brown), der seinerseits auf eine extrem lineare Class-A-Stromspiegeltreiberstufe arbeitet. Die zwölf auf sehr hohen Ruhestrom eingestellten Endtransistoren sorgen für niedrigste Verzerrungen und ein exzellentes Klirrspektrum, ohne die Gegenkopplungsschleife allzusehr bemühen zu müssen. Diese geben ihre Leistung über drei parallelgeschaltete 16-Ampere-Relais und zwei aus der Schweißtechnik übernommene 100 Ampere-Schraubklemmen an den Lautsprecher ab. Desweiteren kommt ein für Vor-/Treiberstufe und Endtransistoren getrenntes Netzteil mit einer Gesamtkapazität von 80.000 Mikrofarad zum Einsatz, das über schnelle Dioden von einem magnetisch geschirmten und vergossenen Ringkerntrafo mit 500VA versorgt wird. Diese Konfiguration sichert eine enorme Stromlieferfähigkeit, die auch leistungshungrigen und wirkungsgradschwachen sowie impedanzkritischen oder niederohmigen Wandlern bis unter 2 Ohm zu satter Dynamik verhilft. Zum äußerem Erscheinungsbild ist zu sagen, daß die Frontplatte aus schwarzem, hochglänzenden Acryl besteht, das Gehäuse aus schwerem, massivem, schwarzpulverbeschichtetem Stahl gefertigt ist. Vergoldete Eingangsbuchsen bedürfen heutzutage eigentlich keiner besonderen Erwähnung mehr, eher schon, daß sich der Netzeinschalter (wahlweise)* gut zugänglich auf der Frontseite befindet, umrahmt von zwei Leuchtdioden, die den Betriebszustand anzeigen. So, das zur Technik und größtenteils aus dem umfangreichen Informationsmaterial von WBE übernommen.

Zurück zum Musikhören! Stammleser werden es wissen. Meine Vorlieben gehören dem Jazz, dem Blues und der Klassik, aber auch ein paar Rockklassiker finden des öfteren den Weg auf den Plattenteller oder in die Schublade des CD-Players. Die Musik über die WBEs überzeugte auch bisher mit ausgesprochenem Livecharakter. Auch große Besetzungen kamen mit Wucht und entsprechender Dynamik. Der musikalische Fluß, was immer das auch sein mag, stimmte. Gerade Stimmen klingen sehr ausgewogen. Sehr unterschiedliche Darbietungen wie " Star Tracks 2", the Yuri Horning Trio, Coverversionen bekannter Titel, wie die phantastische Interpretation des Police Titels "Walking on the moon", These Blues, Charles Brown oder Misa Criolla mit Jose Carreras sowie "The Royal Ballet Gala - Perfomances" RCA - Living Stereo überzeugen gleichermaßen.

Pauken grollen, Bässe stehen straff und tief im Raum, Stimmen überzeugen mit dem entsprechenden Charakter. Instrumente haben ihren adäquaten Korpus.

In der MK I-Version fehlte mir etwas Glanz und Auflösung. Die Monos klangen obenherum eher etwas stumpf. Anblasgeräusche kannte ich zumindest von verschiedenen Röhrengeräten luftiger und natürlicher. Das kam speziell bei kleineren Klassik- und Jazzbesetzungen zum tragen. Urteilen sie jetzt nicht falsch, es war alles da, es fehlte im Grunde nur das gewisse Etwas, der letzte Kick. Genau hier setzte die Modifikation an. Die Mark II-Version klingt im gesamten Frequenzspektrum überzeugend.

Im Grunde bringt das, bei insgesamt positiver Gesamtbetrachtung der 1er Version, eine neue Qualität mit sich. Um es also noch einmal zu unterstreichen: Die Essence No.600 MK II ist im direkten Vergleich zur ebenfalls vorzüglichen ersten Version ein deutlicher Fortschritt. Besitzer der Monos aus der ersten Serie können gegen vergleichsweise moderate 400 € (je Endstufe)* dieses Update durchführen lassen. Eine Bemerkung sei noch erlaubt. Sollten Sie mit dem Klangcharakter ihrer MK I zufrieden gewesen sein, kann ich Sie beruhigen, er bleibt Ihnen in allen wesentlichen Parametern erhalten. Was mir persönlich fehlte, habe ich erwähnt, das bekommen Sie jetzt als Dreingabe dazu.

Daß diese Verstärker eine dicke Empfehlung sind, sollten Sie herausgelesen haben.  RLB 

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